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  • Churer Jugend in Nöten

    25. Mai 2023

    Letztes Jahr führte die Stadt Chur bei allen 13- bis 15-Jährigen eine Befragung zu den Themen Gesundheit und Verhalten durch. Auffälligkeiten im Vergleich zu anderen Gemeinden zeigen sich bei der psychischen Gesundheit, beim Suchtmittelkonsum und bei jugendlichen Paarbeziehungen.

    "Die Resultate haben mich teilweise schockiert, gleichzeitig war ich sehr positiv überrascht, wie engagiert die Jugendlichen in den Austausch getreten sind", so Patrik Degiacomi, der zuständige Churer Stadtrat. Der Stadt bereiten Verhaltensauffälligkeiten von Jugendlichen wie Straffälligkeit, Gewalt und Substanzkonsum, aber auch psychische Belastungen wie depressive Symptomatiken, Angst und Suizidgedanken Sorge. Hierzu muss in Erfahrung gebracht werden, welchen Risikofaktoren die Jugendlichen ausgesetzt sind und wo sie über positiv wirkende Ressourcen verfügen. So können bestehende Angebote gezielt auf geeignete und wirksame Präventionsmassnahmen ausgerichtet werden.

    In der Strategie Sucht- und Drogenpolitik hat der Churer Stadtrat definiert, dass die Stadt neu eine Best-Practice-Strategie in der Suchtprävention verfolgen möchte. In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesundheitsstiftung RADIX wurde das Programm CTC «Communities That Care» ausgewählt. CTC ist eine Präventionsmethode mit dem Ziel, die Lebensbedingungen von Jugendlichen in einer Gemeinde in den Bereichen Schule, Wohnumgebung, Familie und Jugendliche zu verbessern. Das Programm startet mit einer standardisierten Jugendbefragung. Diese fand Ende 2022 bei allen 13- bis 15-Jährigen, die in der Stadt Chur wohnen, statt. 74 % oder 660 Fragebögen wurden ausgefüllt und von der Universität Zürich ausgewertet. Die Ergebnisse wurden an Workshops mit rund 120 Jugendlichen, einer Projektgruppe aus Fachleuten und einer Steuergruppe besprochen und bewertet.

    Ergebnisse
    Die Vergleiche bezieht sich auf zwölf Schweizer Gemeinden, die die CTC-Befragung 2022 durchgeführt hatten.

    Problemverhalten bei Jugendlichen
    Psychische Probleme wie Depression oder Selbstwertprobleme sind bei den Churer Jugendlichen nicht anders als in den anderen Gemeinden. Dennoch ist beunruhigend, dass insgesamt 32 % der Jugendlichen sagten, sie hätten teilweise Gedanken, dass sie lieber tot wären oder sich Leid zufügen möchten. 22 % der Befragten gaben an, schon mal ernsthaft daran gedacht zu haben, sich das Leben zu nehmen.

    Beim Suchtmittelkonsum sagten Churer Jugendliche, dass sie schon Alkohol (50 %) Tabak (28 %), Cannabis (9 %) oder andere Substanzen (7 %) konsumiert hatten. Insgesamt liegen die Werte für alle Substanzen höher als in den anderen Gemeinden.

    Eine dritte Auffälligkeit zeigt sich bei der Gewalt in jugendlichen Paarbeziehungen. 38 % der Jugendlichen in Chur sagten, dass sie in den letzten 12 Monaten eine Paarbeziehung hatten. Insgesamt 33 % der Befragten in Chur äusserten, dass sie Opfer von Gewalt waren. Die weitverbreitetste Form von Gewalt erfolgt verbal. 50 % der Jugendlichen in Chur, die in einer Beziehung waren, sagten, dass sie von ihren (Ex-)Partnern oder (Ex-)Partnerinnen überwacht wurden. Die Opferraten in Chur sind höher als in anderen Gemeinden.

    Risiko- und Schutzfaktoren
    Die Jugendlichen und die Fachleute sind sich bezüglich der zu priorisierenden Risiko- und Schutzfaktoren aus den vier Lebenswelten einig. Als grösster Risikofaktor zeigt sich die Familie. Hier sind die Werte in Chur bei Problemen mit dem Familienmanagement, Konflikten in der Familie und der zustimmenden Haltung der Eltern zu Substanzkonsum relativ hoch. Bei den Schutzfaktoren soll bei den Familien, den Schulen und der Wohnumgebung angesetzt werden.

    Weiteres Vorgehen
    Die Angebote in der Stadt werden analysiert und in Diskussion mit Jugendlichen und Fachleuten Massnahmen für einen Aktionsplan vorgeschlagen, welcher ab 2024 umgesetzt werden soll. Gemäss Patrik Degiacomi sei nicht eine Vielzahl neuer Angebote zu erwarten: "Die Diskussion unter den Jugendlichen und auch den beteiligten Fachleuten zeigte, dass ein Schlüssel die Haltung sein dürfte, wie Erwachsene auf Jugendliche zugehen und sie in Entscheide einbeziehen, welche für sie von besonderer Bedeutung sind". Schliesslich soll nach einigen Jahren die Wirkung der Massnahmen evaluiert werden.

    Jugenliche Probleme
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